Warten. Warten bedeutet Zeit verbringen, während ich hoffe, dass sich ein Zustand ändert. Das kann ein Zustand der Einsamkeit sein, ein Zustand der Angst, ein Zustand der Unsicherheit – aber immer mit dem Wissen, dass sich etwas ändern wird. Warum sonst sollte ich warten?
Ich warte. Heutzutage warten wir nicht mehr sehr oft. Warum eigentlich nicht? Hat die Welt sich in einen Perfektionismus hineingedreht, der Leerlauf überflüssig macht? Nutzen wir alle verbliebenen freien Minuten aus, um Dinge zu machen, die uns erst die neuen Kommunikationsmittel gegeben haben? Wohl kaum.
Menschen warten nicht mehr! Ihre Mobiltelefone haben sie immer und überall zu jeder Zeit erreichbar gemacht. Wenn ich mich aus irgendwelchen Gründen verspäte, rufe ich schnell an, damit mein Gegenüber nicht warten muss. Dabei ist es heute schon echt schwer, sich zu verspäten. Navigationssysteme berechnen Ankunftszeiten minutengenau, kalkulieren Staus in Echtzeit und entwickeln Strategien, doch noch irgendwie pünktlich anzukommen. Und wenn nicht – ja Himmel dann rufe ich halt an.
Ich rufe ja auch drei Minuten vor einem geplanten Treffen an, wenn ich es gar nicht schaffe. Hauptsache Bescheid sagen. Am liebsten der Mailbox, mein Gegenüber ist ja selbst Schuld, wenn es nicht ans Handy geht. Die Welt ist flexibel und grenzenlos unverbindlich. Verabredungen sind erst ab dem Zusammentreffen der Verabredeten eine Verabredung. Bis dahin kann man sie immer noch kurzfristig absagen.
Wenn man die 25 überschritten hat, kennt man so etwas wie “Lange Weile” nicht mehr. Lange Weile ist ein Begriff der Kinder und Teenager, die in ihrer Suche nach permanentem Entertainment nicht befriedigt werden. Bei Erwachsenen heißt Lange Weile Wellness oder Entspannung. Aber wo finde ich sie?
Wo kann ich noch Zeit sparen? Mit meinem Internethandy checke ich die Mails von überall in der Mittagspause. Auf langen Autobahnetappen telefoniere ich meine Verwandten durch oder die Menschen, die mir wichtig sind. Dafür ist ja Abends zu Hause keine Zeit mehr. Im Urlaub buche ich nur noch Ferienhäuser mit W-LAN, ich möchte nichts verpassen. Außerdem verlassen sich andere darauf, dass ich erreichbar bin.
Was für ein Luxus, zu warten. Atmen Sie mal durch. Legen Sie Ihr Handy beiseite. Warten Sie mal wieder.
Ursprungstext: http://www.sandmanns-welt.de/warten/
Das Evangelium zum 1. Advent: Lukas 21,25-28.34-36
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein
über das Toben und Donnern des Meeres. Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
Dann wird man den Menschensohn in einer Wolke kommen sehen,mit großer Kraft und Herrlichkeit.
Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe. Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht wie eine Falle; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt!
Der Text des Audioimpulses:
Mensch, worauf wartest du? Auf das Wochenende? Auf Weihnachten? Auf das Ende dieser „blöden Coronapandemie“? Worauf hast du gestern gewartet? Und worauf wirst du morgen warten?
Du wirst immer auf etwas warten, und du hast immer auf etwas gewartet. Auf Kleines und auf Großes. Das Warten kommt dir oft sinnlos vor, du wirst ungeduldig. Wie kannst du dem Warten Sinn geben? Dadurch, dass du dich für das einsetzt, auf das du wirklich wartest, damit du nicht auf darauf warten musst, sondern es erwarten kannst. Zufriedenheit, Gerechtigkeit, Frieden, zum Beispiel.
Wenn du in diesen Wochen darauf wartest, dass Gott Mensch wird, dass du Gott näher kommen kannst, dann lass Gott in dir Mensch werden. Durch Einsatz für deine Mitmenschen. Und du wirst nicht mehr sinnlos warten, sondern du kannst Sinn erwarten, Gott erwarten.
Lied:
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir.
Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden.
Gib mir ein festes Herz, mach es fest in dir.
Es gibt Tage die bleiben ohne Sinn.
Hilflos seh ich wie die Zeit verrinnt.
Stunden, Tage, Jahre gehen hin,
Und ich frag, wo sie geblieben sind.
"Meine Zeit steht in deinen Händen", GL 784, T. u. M.: Peter Strauch. Im Impuls gespielt von Charlotte Kubasik.
Gebet:
Gott, ich warte.
Auch auf dich.
Vor allem auf dich.
Auf Liebe, auf Sinn, auf Leben.
Auf Freiheit, auf Gerechtigkeit, auf Frieden.
Ich spüre, wie die Zeit verrinnt.
Komme ich dir näher?
Ist mein Warten sinnlos?
Sei bei mir in meinem Warten,
Um dich zu erwarten.